August 24, 2021 @ 2:54 pm

Jan-Peter E.R. Sonntag

HELMHOLTZ VOOCAAL

Genau zum 200. Geburtstag von Hermann von Helmholtz im August 2021 schließt Jan-Peter E.R. Sonntag – der Sohn, Enkel und Urenkel von HNO-Ärzten – mit HELMHOLTZ VOOCAAL seine Kammeropern- und Installations-Trilogie am TAT in Berlin zu Helmholtz’ „Lehre von den Tonempfindungen als physiologische Grundlage für die Theorie der Musik“ ab. 

Nach mehr als einer Dekade Forschung an und mit apparativen Rekonstruktionen – einer sonisch-experimentellen Medienarchäologie – bildet die wahrscheinlich größte Versammlung von Instrumenten des Helmholtzschen Hör-Labors die akustische Basis für Sonntags Raum- und Klang-Komposition. 

Zu hören sind neben einem im doppelten Sinne ersten „Synthesizers“, der schon das zentrale Instrument von SINUS und SYNTH war, zusammen mit einem riesigen Diffraktionshorn im runden Anatomiesaal des TA Ts, eine Doppelsirene nach Helmholtz, Biegeschwinger, spezielle Pfeifen im Verbund mit Resonatoren, Samples aus popularwissenschaftlichen Vorträgen von Helmholtz und zum ersten mal ein zwei-manualiges Harmonium in „natürlicher Stimmung“, mit 24 Tönen pro Oktave umgebaut und gestimmt genau nach dem schriftlich überlieferten Vorgehen, welches Helmholtz mit den „Herren J. und P. Schiedmeyer aus Stuttgart“ Mitte der 1850er Jahre ausgehandelt hatte.

Helmholtz und seine Freunde in den Universitäten in Leipzig, Bonn, Berlin, Königsberg und Wien haben die Sinneskanäle des Menschen durchgerauscht und vermessen, als wären sie technische Medien, so wie man im 20. Jahrhundert Telefon-, Radio- und Fernsehleitungen durchgerauscht hat, um Leitungen freizuschalten. Mit der Begründung von Physiologie, Psychophysik und Psychologie haben sie Philosophie mit den Mitteln der Naturwissenschaft betrieben, kleinste Zeitverhältnisse in die Medizin eingeführt und die Wissensgrundlagen geschaffen für alle technischen Medien, die heute als Formate in unseren Computern und Smartphones die Kontrolle über unseren Alltag und unsere Krisenkommunikation übernommen haben.

Sonntags Trilogie über Herman von Helmholtz’ apparativ-experimentelles Hörlabor schließt an RUNDFUNK ÆTERNA – a radio opera im Auftrag der documenta 14, die als Installation 2019 in der Akademie der Künste in Berlin realisiert wurde, wie an sonArc::ion – einem Forschungsprojekt und einer Kammeroper auf der Suche nach dem Wesen der Elektrizität und der Domestizierung des Blitzes in der Weise an, daß in allen drei Projekten sonische Urszenen möglicher Anfänge einer Moderne, aus der die Neue Musik wie die Neuen Medien hervorgingen, auch unmittelbar erlebbar sind. Für Sonntag ist die Arbeit mit Sound, neben ihren Theorien, Spiel-Praktiken und technischen Verschaltungen vor allem eine den Körper unmittelbar adressierende Raumkunst.

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