Besprechung in der taz

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Jan-Peter E.R. Sonntag:

HELMHOLTZ VOOCAAL

Genau zum 200. Geburtstag von Hermann von Helmholtz im August 2021 schließt Jan-Peter E.R. Sonntag – der Sohn, Enkel und Urenkel von HNO-Ärzten – mit HELMHOLTZ VOOCAAL seine Kammeropern- und Installations-Trilogie am TAT in Berlin zu Helmholtz’ „Lehre von den Tonempfindungen als physiologische Grundlage für die Theorie der Musik“ ab. 

Nach mehr als einer Dekade Forschung an und mit apparativen Rekonstruktionen – einer sonisch-experimentellen Medienarchäologie – bildet die wahrscheinlich größte Versammlung von Instrumenten des Helmholtzschen Hör-Labors die akustische Basis für Sonntags Raum- und Klang-Komposition. 

Zu hören sind neben einem im doppelten Sinne ersten „Synthesizers“, der schon das zentrale Instrument von SINUS und SYNTH war, zusammen mit einem riesigen Diffraktionshorn im runden Anatomiesaal des TA Ts, eine Doppelsirene nach Helmholtz, Biegeschwinger, spezielle Pfeifen im Verbund mit Resonatoren, Samples aus popularwissenschaftlichen Vorträgen von Helmholtz und zum ersten mal ein zwei-manualiges Harmonium in „natürlicher Stimmung“, mit 24 Tönen pro Oktave umgebaut und gestimmt genau nach dem schriftlich überlieferten Vorgehen, welches Helmholtz mit den „Herren J. und P. Schiedmeyer aus Stuttgart“ Mitte der 1850er Jahre ausgehandelt hatte.

Helmholtz und seine Freunde in den Universitäten in Leipzig, Bonn, Berlin, Königsberg und Wien haben die Sinneskanäle des Menschen durchgerauscht und vermessen, als wären sie technische Medien, so wie man im 20. Jahrhundert Telefon-, Radio- und Fernsehleitungen durchgerauscht hat, um Leitungen freizuschalten. Mit der Begründung von Physiologie, Psychophysik und Psychologie haben sie Philosophie mit den Mitteln der Naturwissenschaft betrieben, kleinste Zeitverhältnisse in die Medizin eingeführt und die Wissensgrundlagen geschaffen für alle technischen Medien, die heute als Formate in unseren Computern und Smartphones die Kontrolle über unseren Alltag und unsere Krisenkommunikation übernommen haben.

Sonntags Trilogie über Herman von Helmholtz’ apparativ-experimentelles Hörlabor schließt an RUNDFUNK ÆTERNA – a radio opera im Auftrag der documenta 14, die als Installation 2019 in der Akademie der Künste in Berlin realisiert wurde, wie an sonArc::ion – einem Forschungsprojekt und einer Kammeroper auf der Suche nach dem Wesen der Elektrizität und der Domestizierung des Blitzes in der Weise an, daß in allen drei Projekten sonische Urszenen möglicher Anfänge einer Moderne, aus der die Neue Musik wie die Neuen Medien hervorgingen, auch unmittelbar erlebbar sind. Für Sonntag ist die Arbeit mit Sound, neben ihren Theorien, Spiel-Praktiken und technischen Verschaltungen vor allem eine den Körper unmittelbar adressierende Raumkunst.

Format

HELMHOLTZ VOOCAAL erscheint in zwei Versionen, einer ersten im Kontext der Wissenschaft in Kooperation mit dem TA T und auf Einladung der Humboldt Universität und einer Zweiten im Kontext der Kunst.

Die drei Salons mit Frau Prof. Dr. Julia Kursell, Herrn Dr. Christopher Li und Frau Prof. Dr. Viktoria Tkaczyk finden am 27., 28. und 31. August 2021 statt.

Die Veranstaltung

Eine installative Kammeroper in 3 Akten / 3 Räumen des Tieranatomischen Theaters in Berlin, basierend auf der apparativen und sonischen Rekonstruktion von Hermann von Helmholtz’ physiologisch-physikalisch-akustischen Labors zu seinem 200. Geburtstag am 31. August 2021.

Eine installative Kammeroper für 1-Kanal-Video, Soundsystem, Kopfhörer, großes Diffraktionshorn, KI-basierte synthetische Stimmen, Drum-Machines, Drum-Set, son-D-Bass, Pauken, Hammondorgel, Kontrabass, Violine, Turntable, historische Posaunen und Sprecher; Helmholtzsche Sirene, Stimmgabeln, Helmholtzsche Pfeifen, historisches Tafelklavier in gleichschwebend temperierter Stimmung, Harmonium in „natürlicher Stimmung“ nach Helmholtz mit 24 Tönen pro Oktave und einer apparativen Neuinterpretation von Hermann von Helmholtz’ „Apparat zur künstlichen Zusammensetzung von Vocalklängen“ – einem ersten elektroakustischen Synthesizer aus den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts.

Dauer: 90min; Besucherzahl pro Aufführung: 15

  • 30.8.: 17:00, 17:30, 18:00, 18:30, 19:00, 19:30, 20:00, 20:30
  • 31.8.: 17:00, 17:30, 18:00, 18:30, 20:30
  • 1.9.: 17:00, 17:30, 18:00, 18:30, 19:00, 19:30, 20:00, 20:30

Buchen Sie bitte über: eventbrite.de/o/n-solab-33855336979

Die Beteiligten

Studiobesetzung: Thorsten Hierse, Sprecher; Biliana Voutskova, Violine im 1. Akt; Oliver Steidle, Drum Set; Ignaz Schick, Turntable; Eckhard Winrich, Violine im 2. Akt; Lars Gühlcke, Kontrabass, sonD-Bass; Kontrabass, Harmonium und Klavier; Jan-Peter E.R. Sonntag, Programmierung, Posaunen, Harmonien, Pfeifen und Stimmgabeln; Ulrike Klein, Sprecherregie; Robbie Moore, Studio-Technik; N-solab, Postproduktion; Videodokumentation: Anton von Heiseler (DOP) und Maximilian Rummel, Kamera und Video-Schnitt.

Live-Operatoren an den Apparaten und Instrumenten: Lars Gühlcke, Sebastian Pelz, Luke Schall.

Komposition, Libretto und Raum: Jan-Peter E.R. Sonntag.

Eine Produktion von N-solab, gefördert vom Hauptstadtkulturfonds in Kooperation mit dem Tieranatomischen Theater (TA T) Berlin.

Der Künstler

Jan-Peter E.R. Sonntag ist Künstler, Komponist, Forscher und Entwickler. Er studierte Bildende Kunst, Kunstgeschichte, Musikwissenschaft, Komposition, Philosophie und Kognitionswissenschaft (u. A. bei Ivan Illich, Humberto Maturana, J.P.S. Uberoi, Gert Selle, Gertrud Meyer-Denkmann, Wolfgang Martin Stroh und Gustavo Becerra-Schmidt; Workshops bei Phil Corner, Vinko Globokar, Albert Mangelsdorff, Ray Anderson, John Cage, Alvin Lucier. Er war Assistent von Rudolf zur Lippe (Ästhetik und Neue Medien), Produktionsassistent bei Mauricio Kagel, arbeitete zusammen mit Franz Erhard Walther an Reenactments und Performances und war von 1993 bis 1995 Kurator für Experimentalmusik und Kunst im Dialog mit der Philosophie Friedrich Nietzsches bei der Stiftung Weimarer Klassik.

Sonntag war Stipendiat der Akademie Schloss Solitude und der Villa Aurora und erhielt zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem den Deutschen Klangkunstpreis, den CYNETART Award und den emare-Mexiko-Grant.

Seine vorwiegend raumbezogenen Werke werden weltweit gezeigt und aufgeführt, u. A. bei: V2 & duende, Rotterdam; NIMK, Amsterdam; Making Waves Festival, San Francisco; Apex Art & The Kitchen, New York City; Museum für Kunst und Gewerbe, kampnagel, Galerie der Gegenwart, Kunstverein, Hamburg; Fundación Arte y Tecnología, Madrid; Metronom, Centre de Cultura Contemporània de Barcelona; LABoral Centro de Arte y Creación Industrial, Gijon; Museum Centro Calego de Arte Contemporénea, Santiago de Compostela; Centrum Sztuki Współczesnej, Toruń; Muzeum Narodowe, Poznań; sonambiente, transmediale, tesla, SAVVY, Künstlerhaus Bethanien, Deutsche Bank Kunsthalle, Akademie der Künste, TA T, Berlin; Mediabiennale, Seoul Museum of Art, Aram Art Gallery, Seoul; ars electronica, Linz; Biennale Objekat D-0 (Атомска ратна команда) Titov Bunker, Konijc; CYBERFEST, Hermitage, St. Petersburg; Hartware MedienKunstVerein, Dortmund; ZKM, Karlsruhe; Württembergischer Kunstverein, Staatsgalerie, Stuttgart; Manif d’Art, Québec; Elektra, Montréal; Tent, London und China Science & Technology Museum, Beijing.

Sonntag schuf mehr als 100 ortspezifische Installationen, 5 Kammeropern und 12 Kompositionen für Theater.

Seit 2013 ist er zusammen mit Sebastian Döring im Rahmen der Gesammelten Schriften Friedrich A. Kittlers Herausgeber der Schaltungsnotate seines Synthesizers.

2015 verwirklichte er auf Einladung des Württembergischen Kunstvereins Stuttgart seine erste Retrospektive – Rauschen, zu der 2019 eine gleichnamige Box mit LP und Buch im MERVE-Verlag erschien.

2017 inszenierte er Rundfunk Æterna – a radio opera im Auftrag der documenta 14, die Anfang 2019 in ihrer Installationsversion – in Zusammenarbeit mit der transmediale und ctm in der Akademie der Künste in Berlin realisiert wurde, sowie als Bühnenversion am Theater Freiburg im Juni 2019.

2020 waren Arbeiten von ihm im Rahmen von Audiospheres im Museo Reina Sofía in Madrid zu erleben.

2021 gestaltete er sein erstes KI-basiertes Oratorium TRIPs*EQUAL-LOTO und veröffentlichte den vierten Teil von ANOTHER CERTAIN BEAUTY, seiner mehr als fünf Stunden dauernden 16-kanaligen Raum-Klang-Komposition, in einer Radioversion für Deutschlandfunk Kultur.

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Impressum:

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Lars Gühlcke
Produktionsleiter

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